Warum möchten die muslimischen Patientinnen in der Gynäkologie oft von Ärztinnen untersucht und behandelt werden?

Bei einer gynäkologischen Untersuchung ist der Blick- und Körperkontakt des Arztes sicherlich für keine Frau – unabhängig von seiner Religiosität und Weltanschauung – eine angenehme Erfahrung. Doch die Erfahrungen aus der medizinischen Praxis zeigen, dass muslimische Frauen in solchen Situationen besonders sensibel reagieren und sich eine Ärztin wünschen (vgl. Fallbeispiel Schamgefühl und Leiblichkeit).

Das in den Hauptquellen der islamischen Religion vorzufindende Verständnis von körperlicher Unversehrtheit und Intimität intensiviert sicherlich das ohnehin starke Schamgefühl. Aus diesem religiösen Kontext lassen sich die charakteristische Bedeckung des Körpers und der distanzierte körperliche Umgang zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts, wenn sie nicht verwandt oder verheiratet sind, ableiten. Diese Handlungsformen weisen somit eine islamisch-moralische Dimension auf (vgl. Sure 24/31 und Sure 33/59).

Aus diesen Gründen dient eine gynäkologische Untersuchung durch eine Ärztin dem Wohlbefinden der muslimischen Patientin. Diese Patientenpräferenz kann jedoch durch erforderliche Maßnahmen durchgeführt werden. Wenn jedoch keine Ärztin vorhanden ist, so kann diese Untersuchung auch von einem Arzt durchgeführt werden, da für den Islam der Krankheitsfall einen Ausnahmezustand darstellt und Verbote dadurch aufgehoben werden können. Denn der durch diese Untersuchung ergebende körperliche Kontakt ist dem Körperkontakt im alltäglichen Leben nicht gleichzustellen. Dadurch wird nämlich ein höheres Gut, also die Gesundheit, wiederhergestellt.

Es ist sinnvoll an dieser Stelle zu betonen, dass die in Deutschland lebenden Muslime – genauso wie andere Bevölkerungsgruppen – keineswegs eine homogene Gruppe darstellen. Deswegen gibt es auch muslimische Patientinnen, die die Durchführung einer gynäkologischen Untersuchung von einem männlichen Arzt nicht als ein Problem ansehen. In einem interkulturellen Setting sollten jedoch die Präferenzen der Patienten im Rahmen des Möglichen den Vorrang haben.

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